Dr. Bernadette Klapper

Dr. Bernadette Klapper
Bundesgeschäftsführerin Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe

Dr. Bernadette Klapper ist seit Oktober 2021 die neue Bundes-geschäftsführerin Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK). Die ausgebildete Krankenschwester und studierte Soziologin war zuvor Bereichsleiterin Gesundheit bei der Robert-Bosch-Stiftung in Stuttgart und verantwortete dort unter anderem zusammen mit der Agnes-Karll-Gesellschaft und dem DBfK das Projekt „Community Health Nursing“. Im Interview fordert sie eine stärkere Einbindung der Pflege in den nationalen Strategieplan und eine Digitalisierung, die echten Fortschritt für Pflege und Patient:innen bringt.

1. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will „alle Stakeholder des Gesundheitswesens“ in der neuen Digitalisierungsstrategie abholen. Wo stehen die Pflegeberufe und was sind Ihre Erwartungen?

Außer der Ankündigung des Bundesministers Ende April im Rahmen der Digitalisierungskonferenz DMEA sind uns keine Einzelheiten bekannt. Als Mitgliedsverband im Deutschen Pflegerat unterstützen wir die Forderungen des Bündnisses für Digitalisierung für Pflege. Auch wenn die Forderungen in 2020 an die alte Bundesregierung gerichtet sind, so begründet die mangelnde Umsetzung die Aktualität gerade in dieser Legislaturperiode. Eine erfolgreiche und nutzenstiftende Digitalisierung der Pflege braucht einen koordinierten, prozessorientierten Ansatz in Form eines nationalen Strategieplans, der binnen drei Jahren messbare Verbesserungen erreicht. Dazu gehören eine bundesweite IT-Infrastruktur in allen pflegerelevanten Versorgungsbereichen, eine geregelte Finanzierung und Aus- Fort- und Weiterbildung digitaler Kompetenzen. Dies wird nur über partizipative Prozesse unter Beteiligung der Pflegeberufsverbände, des Pflegemanagements, der Pflegewissenschaft und hier im Besonderen der Informatik in der Pflege zusammen mit der Industrie, den weiteren Stakeholdern und der Politik zu erreichen sein. Wir nehmen die neue Abteilungsleiterin im BMG, Frau Dr. Ozegowski, beim Wort und erwarten eine starke Einbindung der Pflege in den Strategieprozess und in der Umsetzung.

2. Welche Rolle spielen bzw. sollten die Digitalen Pflegeanwendungen (DiPA) im Kontext der neuen Digitalisierungsstrategie spielen?

Der Gesetzgeber hat als Adressaten für die DiPA die nach SGB XI anspruchsberechtigten Versicherten in den Fokus genommen. DiPA müssen technisch darauf ausgerichtet sein, die Selbstpflegefähigkeiten der Menschen mit Pflegebedarf in verschiedenen Belangen digital zu unterstützen. DiPA dienen nicht primär der Unterstützung der Leistungserbringer, also z.B. der professionellen Pflege. In jedem Fall sollte eine Digitalisierungsstrategie auch die Selbsthilfe der Betroffenen und den Einsatz von digitalen Pflegeanwendungen berücksichtigen.

3. Was braucht es, um die Pflegeberufe zeit-, bedarfs- & innovationsgerecht zu gestalten? Was sind Ihre konkreten Forderungen an die Politik?

Die Pflegeberufe müssen eigenverantwortlich im multiprofessionellen Team arbeiten können. Das entspricht zeitgemäßen Management-Modellen in der Arbeitswelt. Außerdem brauchen die Pflegenden eine gute Qualifizierung und Möglichkeiten der Weiterentwicklung sowie technologische Lösungen, die diese Weiterentwicklungen befördern. Gute digitale Tools müssen ein smartes Zusammenspiel von eigenverantwortlich arbeitenden Pflegefachpersonen und ihren Patient:innen  ermöglichen. Damit können Selbstbestimmung und Selbstmanagement wirksam und flexibel erhalten und unterstützt werden. Wichtig ist vor allem, dass es eine klare Gesamtstrategie über alle pflegerischen Versorgungsbereiche mit einer Roadmap und schlüssiger Schwerpunktsetzung gibt. Ein offener Punkt ist auch die Nutzung und der Zugriff auf die elektronische Patientenakte (ePa). Hier wäre es sinnvoll, zunächst die Entbürokratisierung voranzutreiben. Dazu gehört ein Ausbau der Telematik Infrastruktur, bei der an den jeweiligen Endpunkten geeignete Transformationsprozesse bei den Beteiligten entwickelt und funktionsfähig etabliert sind. Für die Überwindung der Friktionen an den Schnittstellen der Versorgungsbereiche und der an den Versorgungsprozessen Beteiligten müssen die Prozesse und Lösungen am Bedarf und am Nutzen orientiert sein. Sinnvolle Einzellösungen wie Abrechnungssysteme, übergreifend nutzbare intelligente elektronische Pflegedokumentationssysteme, Telepflege oder digitale Unterstützung im Bereich Ambient Assisted Living (AAL) müssen in einer Digitalisierungsstrategie integriert sein. Neben der forcierten Kompetenzerweiterung im Bereich Digitalisierung müssen zu Fragen der Finanzierung, Nutzungsberechtigung, Zugänglichkeit, Teilhabe, Mehrwert und gesetzlichen Grundlagen der Patient:innen- und Datensicherheit Lösungen geschaffen werden.

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